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Göttingen d[en] 25/5 27

Gestern mein guter Karl erhielt ich Deinen Brief, u[nd] um Dir zu zeigen wie herzlich ich mich darüber freute so antworte ich Dir gleich heute. Recht viel dachte ich mit Sorge, bei der einige Tage dauernden Hitze, an Dich, wie angegriffen u[nd] unwohl Du Dich wol fühlen mögtest, u[nd] nam daher so gern die etwas kühleren Tage fürlieb, in der Ueberzeugung daß Du Dich wieder dabei erholen würdest.   ̶  

Joseph seine Angelegenheit[1] hat mich schmerzlich betrübt u[nd] mehr denn je den lebhaftesten Wunsch in mir erregt, daß sich alles so fügen mögte, daß Du Gött[ingen] mit Berlin vertauschtest.   ̶   Dein glücklicheres Leben dort kann nur Segen bringend für uns alle seyn u[nd] wie sehr viel leichter würde es Dir nicht werden, dort Deine Kinder zu versorgen, während wir hier nur mit Schmerz u[nd] Sorge um ihre dereinstige Anstellung kämpfen müssen, weil ihnen der Adel fehlt.   ̶   2 Guter, guter Karl, Du hast immer alles so gut u[nd] wie es für den Zeitpunkt grade am Besten war, behandelt u[nd] geleitet; ach thue es auch jetzt, u[nd] denke an das Glück unserer Kinder!! Bei der innigsten Betrübniß über Joseph, beruhigt mich dann wieder die Ueberzeugung, mit welchen offenen Armen Du in Berlin würdest aufgenommen werden. Der gute Gott wird ja alles für uns zum Besten lenken!!

Wie unaussprechlich betrübt es mich so oft, wie Du Dein Leben hier vertrauerst, u[nd] sich Dir nach den angestrengtesten Arbeiten auch nicht die kleinste Erholung darbietet, während Du in Berlin so mannigfachen Genuß für Deinen Geist u[nd] Dein Herz finden würdest.   ̶  

Wegen der beiden Mängel die Du im Koffer gefunden hast, guter Carl, muß ich Minna entschuldigen, da wir zu diesem Koffer kein Mal die Spannholzer gebraucht haben. Eine schwarze gute Weste hast Du gar 3 nicht, was Du aber gewiß ganz vergessen hast.   ̶   Eben sehe ich bei Deinem Zeuge noch ein mal nach u[nd] finde zu meinem höchsten Schreck eine gute schwarze seidne Weste. Tausend u[nd] aber tausend Mal bitte ich Dich um Verzeihung lieber Carl u[nd] gebe Dir die Versicherung, daß ich gewiß ein anderes Mal selbst besser alles nachsehen werde, damit Du keine Entbehrung der Art findest.   ̶  

Eugen seine Baselei u[nd] Unordnung ist sehr arg, u[nd] h[erz]lich[2] will ich wünschen daß Deine Ermahnungen u[nd] Ve[rwei]se[3] helfen mögen.   ̶  

Einige Tage nach Deiner Abreise wurdest Du nach Schulzens zum Ball eingeladen, u[nd] Mutter zu meinem höchsten Erstaunen nicht, ich finde es wahrlich zu grob. Die liebe Klaren hat nachher gesagt, ach der Herr Hofrath hätten es nicht gewagt Mutter zu bitten.   ̶   Mein Befinden ist leidlich, gebe der Himmel daß Du Dich ganz wieder gestärkt fühlst u[nd] alle Verhältnisse sich so gestalten, daß Du heiter seyn kannst.   ̶   Die Kinder umarmen Dich herzlich   ̶   ich bin mit der innigsten Liebe

Deine Minna

2 An
Herrn Hofrath Gauß
in
Altona
abzugeben bei Herrn
Professor Schuhmacher

1 [Die Verzögerung seiner Beförderung zum Offizier.]

2 [Textverlust durch ausgerissenen Teil des Blatts.]

3 [Textverlust durch ausgerissenen Teil des Blatts.]