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Sie erlauben, mein Verehrungswerther Freund und College, daß ich den Brief des jungen Herrn Dirichlet,[1] meines hoffnungsvollen Landsmannes, mit empfehlenden Zeilen begleite und diese Gelegenheit benutze, mich freundlichst in Ihr Andenken zurückzurufen.[2] Ich darf mir, wie Sie wissen, kein ernstes Urtheil in den höheren Regionen der Mathematik anmaß en, aber ich weiß durch die groß en Geometer, welche Paris besitzt, und besonders 29 durch Fourier und Poisson, die meine ältesten Freunde sind, daß Herr Dirichlet von der Natur die glänzendsten Anlagen hat, daß er auf den besten Euler'schen Wegen hinschreitet und daß Preuß en einst an ihm (er ist kaum 21 Jahre alt!) einen ausgezeichneten Professor und Akademiker haben wird. Schenken Sie meinem jungen Freunde, für dessen Glück ich mich lebhaft interessire, den Schutz Ihres grossen Namens und empfangen Sie zum voraus den Ausdruck meiner innigsten Dankbarkeit.

Paris, den 21. Mai 1826       Alex. Humboldt

[Umschlag:]

S[eine]r Hochwohlgeb[oren] Herrn Hofrath Gauß in

Göttingen durch Herrn Dirichlet von

Alexander Humboldt

1[Der Brief Dirichlets an Gauß vom 28.5.1826 ist wiedergegeben in: Dirichlet 1897, S. 373-374; Gauß ' Antwort an Dirichlet vom 13.9.1826: ebda., S. 375-376; sie erfolgte so spät, weil Gauß zuvor am 9.7.1826 an Encke geschrieben hatte (Gauß 1863/1933, 12, S. 70) und dessen Erwiderung (6.9.1826, SUB Göttingen, Nachl. Gauß , Briefe A) abwartete. Zu Enckes durch Gauß veranlaß ten Schritten in Berlin siehe Biermann 1959b, S. 14-15. $-$Dirichlet ging 1827 nach Breslau (auf der Durchreise besuchte er Gauß ), 1828 nach Berlin und wurde 1855 Gauß ' Nachfolger in Göttingen. ]
2[Humboldt hatte die Versuche in den vorangegangenen Jahren, Gauß nach Berlin zu berufen, mit groß em Interesse verfolgt. Durch den Kultusminister von Altenstein war Humboldt über den Stand der Angelegenheit auf dem laufenden gehalten worden (Brief vom 3.8.1824, ZStA Merseburg. Rep. Vc, Sekt. 2, Tit. 23, Litt. F, Nr. 2, Bd. 2, Bl. 97-98). Auch aus einem Brief an seinen Bruder Wilhelm geht seine Anteilnahme an den Bestrebungen, Gauß nach Berlin zu bekommen, hervor (Brief vom 17.12.1822, Humboldt 1880, S. 110). Am 2.6.1827 schrieb er an Schumacher: „Ich bitte Sie innigst, Herrn Gauß meine Anhänglichkeit und Ergebenheit zu versichern. Was Sie mir über ihn sagen, hat mich sehr aufgeregt. Ich werde mit größ ter Discretion davon Gebrauch machen. Der Minister v. Alt[enstein] ist nicht zu umgehen; ich fürchte, daß er jetzt in den Geldfonds sehr eingeschränkt ist, da man über alles disponirt hat. Nach meiner Ansicht sollte man, um dem Vaterlande einen solchen Glanz zu verschaffen, das unmögliche möglich machen. An meiner Betriebsamkeit soll es nicht fehlen. Sie kennen meine Wärme, meine Bewunderung für den Mann; ich bin aber noch zu neu hier, um im voraus mich einer Hoffnung ergeben zu können. Haben Sie den besten Dank für die Andeutung.” (DSB Berlin, Nachlaß Schumacher.) Und am 20.3.1836 äuß erte er sich: „Wer könnte sehnlicher als ich wünschen, daß die Akad[emie] einmal wieder in Gauß einen Lagrange besässe $-$wie habe ich seit 8 Jahren dazu nichts versäumt, und bin immer auf keinen Punkt gekommen, wo pécuniairement eine solche Berufung möglich wäre.” (An Schumacher DSB Berlin, Nachlaß Schumacher.) Humboldt erinnerte sich später in einem Brief an Dirichlet vom Juni 1855: „Die 4jährige Berufungsgeschichte von Gauß 1821 bis 1825 ist ekelhaft und rein deutsch. [$\ldots$] Entschluß unfähigkeit charakterisirt deutsche Ministerien [$\ldots$]. Freien Spielraum für eigene Arbeiten zu erhalten, war das einzige, was Lindenau [für Gauß ] wiederholt für Berlin geltend gemacht hatte und Gauß hatte deshalb auch die Stellung an der Universität abgelehnt. Die Zumuthung der Übernahme von Ministerialgeschäften war folglich ganz unstatthaft und es blieb daher von dem Müfflingschen Anerbieten nichts übrig als ein von den verlangten 2400 Thalern auf 1700 Thaler resp. 2000 Thaler herabgesetztes akademisches Gehalt und die verweigerte Wohnung. So betrachtete Gauß die Sache und äuß erte, Müffling hätte mit ihm, nachdem er seine Bedingungen klar und bestimmt ausgesprochen, anfangen wollen zu markten, was ihm stets zuwider und unanständig erschienen sei; er habe daher von diesem Augenblick an nichts mehr mit der Sache zu thun haben wollen, sondern habe sich nach Hannover gewendet, wo ihm sogleich auf die zuvorkommendste Weise seine Wünsche gewährt worden. Die Verläumdungen, Gauß habe in Berlin Zusagen gemacht, die er nicht gehalten habe, weil ihm vortheilhaftere Anerbietungen von Hannover gemacht worden seien und sogar, daß er das Datum gefälscht haben sollte, an dem er den Brief von Lindenau empfangen habe, müssen aus sehr schmutziger Quelle stammen; gewiß haben weder Müffling noch Lindenau den geringsten Antheil daran.” (Biermann 1958a, S. 125-126; vgl. Bruhns 1877, S. 6-18.)

Weitere Beweise für seine Hochschätzung von Gauß sind in jenen Jahren seine J. F. Cotta 1824 und 1826 gegebenen Anregungen, Gauß als Mitherausgeber eines Magazins für Erd- und Völkerkunde bzw. der „Hertha” zu gewinnen (Engelmann 1964 und 1966, S. 336). ]