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Nichts hätte mir angenehmer sein können, als die freundliche Einladung, womit Sie, mein höchstverehrter Gönner und Freund, das Circular zur Theilnahme an der diesjährigen Versammlung der Naturforscher in Berlin begleitet haben, und auf die mich schon vor mehreren Wochen der Hauptmann Müller[1] vorbereitet hatte. Schon lange war es mein sehnlicher Wunsch, Berlin, und vor allem, Sie in Berlin zu sehen. Es sind freilich gerade in diesem Sommer einige hindernde Umstände vorhanden. Namentlich haben die Arbeiten der trigonometrischen Messungen, deren Leitung ich auf mich genommen habe,[2] ohne doch anders als ausnahmsweise selbst unmittelbar im Felde Theil daran zu nehmen, seit ein paar Monaten ihren Anfang genommen, und erfordern umso mehr eine fast tägliche Correspondenz mit den dabei beschäftigten Officieren, da diese noch eben nicht eingeübt sind, und sehr spezieller Direction nicht entbehren können. Allein mein Verlangen, einige Tage Ihrer freundlichen und belehrenden Nähe zu genieß en, ist viel zu groß , als daß ich nicht alles aufbieten sollte, dieses Hindernis zu beseitigen, sei es durch möglichst umsichtige Instruktionen an jene Officiere während meiner Abwesenheit, oder dadurch, daß ich die Arbeiten früher einstellen lasse, als sonst der Fall sein würde.

Allein noch ein Umstand von ganz anderer Art erlaubt mir noch nicht, mich dieser schönen Aussicht[3] schon ganz hingeben zu können. Meine Frau, die schon seit mehreren Jahren an einem inneren Übel gekränkelt hat, mit abwechselnden Erleichterungen, ist seit kurzem wieder bedeutend kränker geworden. Beunruhigt wie ich dadurch bin, darf ich in diesem Augenblick, und bis ich die sichere Hoffnung einer gefahrlosen Wendung habe, einen bestimmten Entschluß wegen jener Reise noch nicht fassen. Ich habe aber wenigstens nicht säumen wollen, Ihnen jetzt gleich, nachdem ich durch öffentliche Blätter die Rückkehr des Königs nach Berlin erfahren habe, und Sie also auch von Teplitz zurückgekehrt vermuthe,[4] meinen innigen Dank für Ihre freundliche Einladung, und wie glücklich es mich machen würde, ihr folgen zu können, mit ein paar Zeilen zu erkennen zu geben.

Soweit ich bisher es in Erfahrung gebracht habe, scheint es nicht, daß einer der hiesigen Professoren die Absicht hat, der Versammlung der Naturforscher beizuwohnen. Mein College Hausmann hat in derselben Zeit eine Reise nach Holland und England vor.

Mit innigster Dankbarkeit und aus Herzensgrunde

Ihr Verehrer

C. F. Gauß

Göttingen, den 11. August 1828

[Zusatz von Humboldt]

Ich habe noch einmal sehr dringend an Gauß geschrieben[5] und ihm Wohnung bei mir angeboten. Er schien letzteres nicht recht verstanden zu haben. A. Ht.

1[Dr. Georg Wilhelm Müller (siehe Register), nicht zu verwechseln mit dem in einem Prioritätsstreit mit C. Garthe unrühmlich hervorgetretenen Wilhelm Müller, einem gleichfalls in hannoverschen Diensten stehenden Ingenieuroffizier und Korrespondenten von Gauß. $-$G. W. Müller hatte den ihm durch Humboldt bei einem Berlin-Besuch übertragenen Auftrag schriftlich erfüllt; sein an Gauß gerichteter diesbezüglicher Brief wird wiedergegeben durch Gerardy 1959, S. 64, Anm. 1. ]
2[Nachdem Gauß 1821$-$1825 die Gradmessung durchgeführt hatte, war ihm im Frühjahr 1828 auch die Leitung der sich anschließ enden hannoverschen Landesvermessung übertragen worden. ]
3[Gerade zu dieser Zeit hätte Gauß sehr gern einen Ruf nach Berlin angenommen: „Ich gestehe, daß es meiner Söhne wegen mir doppelt leid thut, den Ruf nach Berlin damals nicht habe annehmen zu können,” schrieb Gauß an Olbers am 3.5.1827 im Hinblick auf die in Anm. 2 zu Brief 3 erwähnte Berufungsangelegenheit (Olbers 1900/09, 2, S. 481). Auch die erneuerten Sondierungen, an denen Humboldt wiederum aktiven Anteil nahm, und die bis 1836 andauerten, blieben ohne Resultat. Gauß ' Freund Schumacher beurteilte die Lage in Berlin sicher zutreffend so: „Es ist mir vorgekommen, als ob man im Allgemeinen keineswegs Ihre Anstellung in Berlin wünscht. Ich nehme Herrn v. Humboldt und die wenigen, die sich würklich auszeichnen, natürlich von dieser Behauptung aus, die nur von dem Gros der Gelehrten gelten soll. [$\ldots$] Wären Sie nicht, der Sie sind, sondern ein mittelmäß iger Kopf mit einigem Ruf, so würden diese Herren Sie mit offenen Armen empfangen, da jeder dann die Hoffnung hätte, seine Superiorität über einen berühmten Mann zu zeigen und seine Autorität in Gesellschaften noch fester zu begründen. Es ist mir auch vorgekommen, daß man mitunter besorgt war, Sie möchten Ihre Superiorität den Schwächeren mit zu weniger Schonung fühlen lassen; Sie sehen also, wie wenig man Sie kennt.” (Schumacher an Gauß , 7.9.1828. Peters 1860/65, 2, S. 185.) ]
4[Humboldt hat Friedrich Wilhelm III. von Preußen insgesamt zehnmal in den Jahren bis 1839 auf seinen Badereisen nach Teplitz begleitet; siehe Anm. 1 zu Brief 22. ]
5[Siehe den folgenden Brief 8. ]